"Nicht der Wind, sondern das Segel bestimmt die Richtung.”
Kündigung eines Schulvertrages durch eine Schule in freier Trägerschaft
Urteil des OLG Dresden vom 19.03.2024, Az.: 6 W 103/24
Das OLG Dresden hob mit diesem Urteil den Beschluss des Landgerichts Dresden vom 07.02.2024, Az.: EV 4 O 262/24 auf und änderte den Beschluss dahingehend ab, dass die Schule in freier Trägerschaft verpflichtet wurde, den Antragsteller vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu beschulen.
Der Antragsteller war ein 14-jähriger Schüler, der die 6. Klasse einer Oberschule in freier Trägerschaft besuchte.
Aufgrund der Nichtversetzung in die 7. Klasse kündigte die freie Schule den Schulvertrag zum 09.02.2024 (= Ende des 1. Schulhalbjahres) mit der Begründung, dass in der nachfolgenden 6. Klasse kein freier Schulplatz zur Verfügung stünde.
Im Schulvertrag waren als Kündigungsfristen der 31.01. und der 31.07. eines Jahres vorgesehen.
Der Antragsteller besuchte im Schuljahr 2023/2024 zunächst die nachfolgende 6. Klasse. Die Eltern hofften auf eine Verlängerung des Schulvertrages. Nachdem die Schule klarmachte, dass eine Verlängerung des Schulvertrages für sie über den 09.02. hinaus nicht in Betracht käme, beantragten der Schüler und seine Eltern im Februar 2023 einstweiligen Rechtsschutz . Das Landgericht Dresden lehnte den Antrag ab, da sie zu spät um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht hätten, so dass keine Dringlichkeit (=Anordnungsgrund) mehr vorläge.
Die sofortige Beschwerde beim OLG Dresden hatte Erfolg.
Das OLG Dresden gab dem Antrag der Antragsteller mit der Begründung statt, dass die im vorformulierten Schulvertrag enthaltene Kündigungsmöglichkeit der Schule zum 31.01. eines Jahres nicht der Inhaltskontrolle nach den §§307 ff. BGB standhalte.
In Sachsen endeten die ersten Schulhalbjahre nicht zum 31.01. eines Jahres, sondern entsprechend den in der jeweiligen VwV Bedarf und Schuljahresablauf des Sächsischen Ministeriums für Kultus benannten Daten, konkret im Schuljahr 2023/2024 zum 09.02.2024.
Angesichts der schwerwiegenden Folgen eines Schulwechsels vor Beendigung des Schulhalbjahres sei die Kündigungsmöglichkeit des Schulträgers zum 31.01. eines Jahres nicht gerechtfertigt. Das im Schulvertrag vorgesehene Kündigungsrecht zum 31.01. eines Jahres benachteilige den Schüler entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
Eine Kündigung zum 09.02. sehe der Schulvertrag zudem nicht vor.
Da die zum 09.02. ausgesprochene Kündigung unwirksam sei, wurde der Träger der freien Schule verpflichtet, den Schüler bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache weiter zu